Sonderprojekt PMW

  • Ansprechpartner:

    Dr. Heinrich Laqua, Dr. Gerd Gantenbein

Das Projekt Mikrowellenheizung für Wendelstein 7-X (PMW)

Überblick

Das Projekt Mikrowellenheizung (PMW) für den Stellarator W7-X umfasst die Entwicklung, den Bau und die Inbetriebnahme des kompletten 10 MW, 140 GHz Elektronen-Zyklotron-Resonanz-Heizsystems (ECRH) für nahezu stationären Betrieb (30 Minuten) am im Bau befindlichen Stellarator W7-X in Greifswald in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching/Greifswald und dem Institut für Plasmaforschung (IPF) der Universität Stuttgart. PMW koordiniert alle technischen und wissenschaftlichen Aktivitäten der beteiligten Institute und Firmen und ist verantwortlich für das gesamte ECRH-System an W7-X. Mit der ECRH als Standard-Heizung soll das Plasma aus dem neutralen Füllgas heraus erzeugt (ionisiert) und aufgeheizt werden. Außerdem soll mit der ECRH auch ein nicht-induktiver Strom getrieben werden, der im stationären Betrieb durch die Kompensation unerwünschter Plasmaströme die Sicherstellung des optimierten Plasmaeinschlusses erlaubt. Die Mikrowellenleistung wird von zehn 140 GHz Gyrotrons mit einer Leistung von jeweils 0.8 - 1 MW erzeugt und über zwei quasi-optische Vielstrahl-Übertragungsleitungen von jeweils etwa 55 m Länge von den Gyrotrons zu den Antennen im Plasmatorus übertragen. Die ECRH an W7-X wird das derzeit weltweit leistungsfähigste System seiner Art sein.

Was ist Wendelstein 7-X?

In Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern entsteht derzeit die Fusionsanlage „Wendelstein 7-X“ (W7-X), eines der größten (wenn nicht das weltweit größte) und am weitesten fortgeschrittene Kernfusions-Experiment vom Typ Stellarator. Bauherr und späterer Betreiber ist das Teilinstitut Greifswald des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP), an dessen Hauptsitz Garching in Bayern sich die Vorgänger-Anlagen der Wendelstein-Serie befinden.

Ziel der in aller Welt verfolgten Fusionsforschung ist es, die Energieproduktion der Sonne unter irdischen Bedingungen nachzuvollziehen. Dafür muss ein dünnes ionisiertes Gas (Plasma) aus den Wasserstoffsorten Deuterium und Tritium auf so hohe Temperaturen (>100 Millionen Grad) gebracht werden, dass die Teilchen verschmelzen (Fusion), wobei Energie frei wird. Dies erfolgt durch den Einschluss des Plasmas in einem starken Magnetfeld (hier durch supraleitende Magnete erzeugt); das Gerät hat äußerlich die Form eines Torus. Der wesentliche Unterschied eines Stellarators wie W7-X (im Gegensatz zum Typ des Tokamaks, z. B. ITER in Cadarache) ist die Erzeugung des helikalen Magnetfeldes. Die Versuchsanlage W7-X arbeitet ohne radioaktiven Brennstoff und kann daher auch keine Energie erzeugen; dies bleibt einem zukünftigen Fusionskraftwerk vorbehalten.
Die Gebäude des IPP befinden sich am südöstlichen Stadtrand von Greifswald; der Bau wurde 1997 begonnen und die Gebäude im April 2000 bezogen. Inzwischen ist der Aufbau des Torus (Durchmesser 15 m, Höhe 4 m, Masse 550 Tonnen) und der zugehörigen Hilfsanlagen ist sehr weit gediehen. Der Betrieb der Experimentieranlage soll im Jahr 2014 beginnen.

Was hat das nun mit dem KIT (früher Forschungszentrum Karlsruhe) zu tun?

Der Bau von W7-X beruht auf verschiedenen Verträgen der Beteiligten aus der BRD (s. u.) aus dem Jahre 1994. Die gesamten Aufwendungen für die Experimentieranlage betragen mehrere 100 Millionen Euro. Davon entfallen ca. 60% auf die Investitionskosten, d. h. Gebäude, Stellarator und Diagnostik. Die Finanzierung wird überwiegend von der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union (EU, 45 bzw. 40% „Preferential Support“ für die eigentlichen Bestandteile des Experimentes) sowie von den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Bayern geleistet.
Der Anteil der Bundesrepublik wird durch das IPP selbst sowie durch Beiträge des Forschungszentrums Jülich und des KIT (ehem. Forschungszentrum) erbracht, dessen Aufgabe die Bereitstellung der gesamten 10 MW-Mikrowellenheizung (ECRH) ist.

Aufbau des PMW im KIT

Die Heizung des Plasmas durch Mikrowellenstrahlung, „Electron Cyclotron Resonance Heating“ (ECRH) oder Elektron-Zyklotron Resonanz-Heizung, ist die wichtigste der drei für W7-X geplanten Heizverfahren; die Ionen-Zyklotron-Heizung (ICRH) und die Neutralteilchen-Injektion (NBI) wurden vorläufig zeitlich zurückgestellt. Das KIT hat neben den langjährigen wissenschaftlichen Erfahrungen auf verschiedenen Gebieten der Fusionsforschung durch das „Programm Kernfusion“ (Abk. FUSION) einzigartige Testeinrichtungen zur Verfügung, so die TOSKA-Anlage des Instituts für Technische Physik (ITEP), in der bereits Spulentests für W 7-X durchgeführt wurden und derzeit supraleitende Stromzuführungen für W7-X gebaut werden, und die Gyrotron-Testanlage des Instituts für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik (IHM); ein „Gyrotron“ ist eine Hochleistungsröhre zur Erzeugung von Mikrowellen. Durch Beschluss des damaligen FZK-Vorstands wurde im August 1997 das „Projekt Mikrowellenheizung für Wendelstein 7-X (PMW)“ eingerichtet; die Arbeiten wurden nach Abschluss eines Zusammenarbeitsvertrages mit dem IPP Anfang 1998 aufgenommen.
Der Bau der Mikrowellenheizung ist eine in sich abgeschlossene Teilaufgabe der „Unternehmung W 7-X“ am IPP in Greifswald.

PMW ist direkt dem Präsidium (früher Vorstand) zugeordnet; die Projektleitung besteht aus dem technisch-wissenschaftlichen Projektleiter, der als Mitarbeiter des IPP die ECRH-Gruppe in Greifswald leitet und seinem Stellvertreter, der als Mitarbeiter des IHM die Koordination und Verwaltung des Projekts betreut, sowie je einem Vertreter der drei beteiligten Institute sowie von FUSION. Als typisches Verbundprojekt sind der Projektleitung die mitarbeitenden Einrichtungen in Form einer Matrix-Organisation zugeordnet.
Das Projekt untersteht direkt dem Vizepräsidenten Forschung und Information. Die drei beteiligten Institutionen IHM, IPF und IPP haben folgende Aufgaben:
Die Gyrotron-Entwicklung und der Gyrotron-Test sowie der Bau der Nebenanlagen (Kühlsysteme, Mess- und Regelungstechnik) ist dem IHM (KIT) übertragen. Entwicklung und Bau der Mikrowellen-Übertragungsleitung und der Hochspannungs-Netzgeräte für die Gyrotrons erfolgt am Institut für Plasmaforschung (IPF) der Universität Stuttgart. Die Integration der ECRH in Greifswald und der dortige Testbetrieb sowie die Entwicklung der In-vessel-Komponenten (Antennen) ist Aufgabe der ECRH-Gruppe am IPP Greifswald.

Die Einbindung zur EU und zum Helmholtz-Programm "Fusion" wird von der Programmleitung Kernfusion im KIT wahrgenommen. Alle Aufträge zur Beschaffung von Teilen für den Bau der Mikrowellenheizanlage werden ebenfalls vom KIT vergeben.

Das PMW besteht aus sieben Teilprojekten:

1) Gyrotron-Entwicklung (abgeschlossen)
2) Bau der Serien-Gyrotrons
3) Übertragungsleitung (weitgehend erledigt)
4) In vessel Komponenten (=Antennen im Torus, erledigt)
5) Kühlsysteme für die ECRH (nahezu abgeschlossen)
6) Energieversorgung für die ECRH (abgeschlossen)
7) Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik für die ECRH (weitgehend erledigt)

Unter den ausführlichen Beschreibungen dieser Teilprojekte ist gleichzeitig der derzeitige Stand der Arbeiten aufgeführt; weitere Informationen sind auch auf der Homepage des Gesamtprojekts W7-X des IPP bzw. W7-X Aktuell zu finden.

Bild 1: Schematische Darstellung des ECRH-Systems, dem Beitrag des KIT zum Stellarator W7-X in Greifswald

Die Abbildung (oberer Teil = Querschnitt, unterer Teil = Draufsicht) zeigt links die Torus-Halle und rechts das dreistöckige ECRH-Gebäude; beide sind verbunden durch die ECRH-Kontrollräume. Im Erdgeschoss befinden sich die Hochspannungsregler (einer für jedes Gyrotron). Im Kellergeschoss stehen die 10 Gyrotrons (nur in der Draufsicht sichtbar). Im Strahlkanal (zwischen den beiden Gyrotron-Linien) befinden sich im oberen Teil die Anpass-Spiegel für jedes Gyrotron und im tieferen Teil die Vielstrahl-Wellenleiter. Die Mikrowellenstrahlen der Gyrotrons werden nach Durchlaufen der Anpass-Spiegel (blaue Linien) von den Vielstrahlspiegeln gesammelt, weitergeleitet (rote Linien) und vor dem Eintritt in den Torus wieder aufgefächert (oberer Bildteil links, blaue Linien).

Ansprechpartner:
Dr. Volker Erckmann, Projektleiter PMW
Dr. Hermann Hunger, Projektkoordinator, Stellvertreter für admin. Angelegenheiten PMW
Prof. Dr. John Jelonnek, Stellvertreter für wiss. Belange PMW

Stand März 2012

Hier finden Sie die weiteren Details zum PMW!