Oberflächenmodifikation von Materialien mit gepulsten Elektronenstrahlen

GESA (Gepulste ElektronenStrahlAnlage) Prozess und Anlagen

 

Mit intensiven gepulsten Elektronenstrahlen kann Energie sehr effizient und schnell in oberflächennahe Schichten von Materialien eingebracht werden. Abhängig vom spezifischen Energieeintrag (5-60 J/cm²) lassen sich Materialoberflächen bis zu 100 µm tief mit einem einzigen Impuls aufschmelzen. Nach Ende des Pulses (einige 10 µs) kühlt die Schmelzschicht durch Wärmeleitung mit Temperaturänderungsraten von 106-109 K/s ab. Dadurch können amorphe oder nanokristalline Strukturen in der Oberflächenschicht mit verbesserter Härte, Korrosionsbeständigkeit und Abriebfestigkeit entstehen. Die derzeit wichtigste Anwendung ist das Oberflächenlegieren von Metallen mit unterschiedlichen Materialien. Im Fokus der anwendungsorientierten Arbeiten steht das Einlegieren von Aluminium in die Oberflächenschicht von Stählen.

 

Gepulste Elektronenstrahlen mit großem Durchmesser und ausreichender Strahlenergie lassen sich mit Hochspannungsimpulsgeneratoren und Vakuumdioden herstellen. Als Elektronenquelle dient eine aus vielen Kohlenstofffaserbündeln bestehende „multipoint explosive emission“ Kathode. Neben der impulsartigen Aufschmelzung der Oberfläche und den damit verbundenen hohen Kühlraten besteht der Hauptunterschied der Methode gegenüber alternativen Verfahren wie z.B. Laser darin, dass die Behandlung großflächig (mehrere 100 cm²) erfolgen kann. Die in enger Kooperation mit dem Efremov-Institut, St. Petersburg, gebauten Anlagen GESA I, GESA II und GESA IV erzeugen Elektronenstrahlimpulse von einigen 10 µs Dauer und Teilchenenergien zwischen 50 und 400 keV.

Arbeitsgebiete


 

Materialentwicklung für Flüssigmetallsysteme


Flüssigmetallkorrosion besteht in einer stetig voranschreitenden Auflösung von Legierungskomponenten des verwendeten Stahls durch das Flüssigmetall. Eine schützende Oxidschicht kann sich auf der Stahloberfläche bilden, wenn die Sauerstoffkonzentration z.B. in flüssigen Bleilegierungen bei Werten um 10-6 gew.% eingestellt wird. Starke Oxidbildner wie Aluminium in der Stahloberfläche ermöglichen die Ausbildung dünner, langsam wachsender, stabiler Oxidschichten, die zum einen die Korrosion verhindern und zudem die Wärmeabfuhr nicht behindern.

Legierungsbildung:


Durch turbulentes Mischen einer Beschichtung mit dem Substratmaterial können Oberflächen von Metallen gezielt in ihren Eigenschaften verändert werden. Ein Beispiel ist das Einlegieren von starken Oxidbildnern wie Aluminium  in die Oberfläche von Stählen.

Korrosionsuntersuchungen:


Die 8 COSTA (COrrosion in STAgnant lead alloys) Anlagen erlauben die gleichzeitige Auslagerung von mehr als 100 Proben bei verschiedenen Temperaturen (von 300 bis 900 °C) und Sauerstoffgehalten (von Sättigung bis hin zu reduzierenden Bedingungen) im Flüssigmetall. Einzelauslagerungen bis 10.000 h Dauer wurden bislang realisiert. COSTA Teststände wurden inklusive Sauerstoffkontrolle an externe Forschungseinrichtungen (z.B. KTH in Stockholm) geliefert.
Der CORELLA (CORrosion Erosion in Liquid Lead Alloys) Teststand ermöglicht durch den Kontakt mit rotierendem Flüssigmetall die Untersuchung der Erosions/Korrosionsstabilität von Materialien.
Die FRETHME (FRETing corrosion in Heavy liquid Metals) Anlage wird für Fretting Tests (Reibverschleiß mit kleinen Bewegungsamplituden) in flüssigen Bleilegierungen verwendet. Drei Proben können gleichzeitig bei gleicher Amplitude mit verschiedenen Lasten getestet werden. Alle relevanten Parameter wie Flüssigmetallbedingungen (Temperatur und Sauerstoffaktivität), Last, Bewegungsamplitude und Reibkraft werden aufgezeichnet.

Flüssigmetalltechnologie:


Die Einstellung und Kontrolle des Sauerstoffgehalts ist einer der wichtigsten Parameter bei allen Experimenten und Untersuchungen in flüssigen Metallen. Hierfür wurde ein Gasphasen Sauerstoffkontrollsystem OCS (Oxygen Control System) entwickelt, das bei allen Testständen im Institut und an Testeinrichtungen von internen und externen Partnereinrichtungen verwendet wird.

Experimentelle Ausstattung für Nachuntersuchungen:


Metallographie für Probenvorbereitung; verschiedene Lichtmikroskope; 2 REM (Rasterelektronenmikroskope) mit EDX (energiedispersive Röntgenanalyse); XRD (Röntgendiffraktometrie); Härtetester; Zug und Biegeversuch im REM; Weißlichtprofilometer  für Topographie; Massenspektrometer; Thermowaage mit DTA (Differentielle Thermoanalyse); verschiedene Öfen für Wärmebehandlung und Sinterversuche;

 

Verschleißschutz

Oberflächenhärtung mittels des GESA Prozesses führt durch Änderung der Mikrostruktur zu einer Verbesserung des Verschleißverhaltens von Werkstoffen und Maschinenteilen, wie z.B. Zahnräder und Motorenventilen. Oberflächenlegieren bzw. GESA Umschmelzung aufgekohlter Oberflächen sind weitere Möglichkeiten, die Härte und damit die Verschleißfestigkeit zu steigern.   

Elektronenstrahlphysik und Strahl-Target-Wechselwirkung

Hochgeschwindigkeitskameras im Streak und Framing Mode erlauben das in situ Beobachten des Oberflächenschmelzprozesses. Mittels Kurzeitspektroskopie können die Zustände des verdampften Materials an und in der Nähe der Oberfläche untersucht werden. Die Ergebnisse der in situ Analytik werden zusammen mit Simulationsrechnungen verwendet, um die physikalischen Prozesse während der Umschmelzung und des Abkühlens zu verstehen und zu beschreiben.